Das Nachthaus

Buchseite und Rezensionen zu 'Das Nachthaus' von Jo Nesbø
3.8
3.8 von 5 (5 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Das Nachthaus"

Als in einer Kleinstadt ein Jugendlicher verschwindet, steht der Schuldige schnell fest: Hat Richard seinen Freund Tom im Wald von einer Brücke in den reißenden Fluss gestoßen? Richard wehrt sich gegen die Anschuldigungen, doch er verstrickt sich dabei in Lügen. Niemand glaubt ihm. Dabei ist Toms Abwesenheit so ungeheuerlich, dass Richard selbst kaum noch zu atmen wagt. Seine Suche nach dem Freund führt ihn auf die dunkle Seite von Ballantyne. Dort steht das Nachthaus. Was geschah in jener Nacht?

Autor:
Format:Kindle Ausgabe
Seiten:289
EAN:

Rezensionen zu "Das Nachthaus"

  1. Gespiegelte Wrklichkeit

    Richard ist neu in der Kleinstadt Ballantyne. Er hat seine Eltern verloren und lebt jetzt bei seinem Onkel, dem örtlichen Feuerwehrchef, und dessen Frau. In seiner Klasse kommt Richard nicht recht an - die wenigen Mitschüler, die gern mit ihm "abhängen", sind genauso Außenseiter wie er, und die hübsche Karen iist zwar freundlich zu ihm, aber er traut sich nicht recht. Nun sind innerhalb kurzer Zeit zwei seiner Mitschüler verschwunden, und zwar beide direkt nachdem sie mit ihm, Richard, zusammen waren. Was ist mit ihnen passiert? Die Geschichte, die Richard erzählt, ist einfach verrückt, niemand glaubt ihm. Und welche Rolle spielt das verlassene Haus in der Spiegelwaldstraße dabei?

    Der Roman - der weit mehr mit Stephen King zu tun hat als mit dem Nesbø, den man aus seinen Krimis kennt - ist in drei Oberkapitel eingeteilt. Im ersten ist Richard 14 Jahre alt und muss sich mit den typischen Krisen seines Alters auseinandersetzen - Mobbing durch MItschüler, Unverständnis der Erwachsenen, erste Liebe. Im zweiten Teil erzählt Richard aus der Perspektive eines arrivierten Erwachsenen, der die Gefährten seiner Jugend wiedertrifft. Im dritten Teil sieht dann nochmal alles anders aus - und wieder erfahren wir alles nur aus der Sicht des Erzählers Richard.

    Um es kurz zu machen: wer sich gern mit der Problematik des unzuverlässigen Erzählers auseinandersetzt und eine gute Portion trashigen Horrors vertragen kann, der wird an diesem Buch seine Freude haben. Es ist allerdings weder ein Krimi noch ein Thriller, es ist definitiv kein Jugendbuch (auch wenn man am Anfang diesen Eindruck haben könnte) und es hat bei weitem nicht das Niveau wie die meisten der Hole-Romane und Nesbøs Macbeth-Adaption. Was das Buch mitbringt, ist eine gute Portion Selbstironie und den galligen Humor, wie er auch für viele von Kings Horrorerzählungen typisch ist. Man kann seine Freude dran haben, sollte aber nicht zuviel erwarten.

  1. Ein Verwirrspiel

    Mein Hör-Eindruck:

    Herr Nesbo, Sie treiben da ein irres Spiel mit meinen Vorstellungen von Wirklichkeit!

    Zwei Jungen, einer davon der Ich-Erzähler Richard, treiben Unfug am Telefon und rufen eine willkürlich herausgesuchte Nummer an – und zum Schrecken des Ich-Erzählers und auch des Lesers wird der Freund in den Telefonhörer hineingesogen und verschwindet. Soll man als Leser diese Geschichte glauben? Sicher nicht. Erzählt Nesbo uns hier einen Horror-Roman?

    Ein zweiter Freund verschwindet ebenfalls auf eine unwirkliche Art: er mutiert zum Käfer. Aha, denkt der Leser, das ist eine Kafka-Adaption! Hatte Nesbo nicht vor Jahren bei dem sog. Shakespeare-Projekt mitgemacht und eine geniale Adaption von „Macbeth“ geschrieben? Wo er den düsteren mittelalterlichen Stoff in das genauso düstere zeitgenössische Kriminellen-Milieu von Edinburgh verlegte? Also wäre das hier eine Adaption von Kafkas „Die Verwandlung“? Richard, der Ich-Erzähler schlägt zwar mit einem Kafka-Band nach dem Insekt, aber damit ist diese Parallele schon erschöpft. Keine Adaption. Was dann?

    Ein Jugendroman mit Horror-Elementen? Der Leser gibt die Hoffnung nicht auf, dass sich das Geschehen auf irgendeine Weise real und glaubhaft auflöst. In dieser Hoffnung wird er auch immer wieder vom Erzähler bestärkt – bis der nächste verwirrende Dreher kommt. Was ist denn nun wahr? Kann ich Richards Erzählung glauben? Der Leser erlebt die Handlung ausschließlich aus Richards Sicht, und sogar Richard zweifelt gelegentlich, ob seine Wahrnehmungen der Realität oder Alpträumen entstammen.

    Dazu kommt, dass man meistens in Romanen dieser Art durch die Reaktionen und Handlungen der anderen Figuren eine Fremdperspektive auf den Protagonisten erhält. Und das vermeidet der Autor. Er sorgt dafür, dass der Leser keinerlei Außenperspektive erhält, weder durch Beschreibungen noch durch die Gespräche Richards mit anderen. Damit entfällt ein mögliches Korrektiv, und die Verwirrung des Lesers hält an. Der Leser bleibt quasi gefangen in Richards Kopf und in dessen Wahrnehmung der Wirklichkeit.

    Nesbo spielt hier souverän ein Katz-und-Maus-Spiel mit seinem Leser! Stimmungsvolle Naturbeschreibungen, Aufbau von Spannung, das Erstellen dreidimenionaler Figuren - das alles beherrscht Nesbo, und das setzt er gekonnt ein. Trotzdem: der 3. Teil hat einige Längen, aber immerhin: das Verwirrspiel wird gelöst.

    Der Sprecher David Nathan erzählt diese verwirrende Geschichte sehr ansprechend. Allerdings störte mich häufiger seine Satzmelodie, die am Ende des Satzes nach oben ging, was dem Satz einen unpassenden ironischen Unterton verleiht. Wen das nicht stört, wird Vergnügen haben an der sinnbetonten, temporeichen Lesung.

    4/5 *

  1. Überraschend anders (Hörbuch-Version)

    Überraschend anders (Hörbuch-Version)

    Mit: - Das Nachthaus - gesellt sich eine weitere spannende Geschichte zu denen, des bekannten Autoren Jo Nesbø.

    Veröffentlicht am: 19.10.2023 durch den Hörbuch Hamburg HHV.
    Erzähler: David Nathan
    Deutsche Übersetzung: Günther Frauenlob

    Zum dem Schriftsteller brauche ich wahrscheinlich wenig berichten. Ist er doch im Bereich des Spannungs-Genres, eine europaweit bekannte Größe.
    Ich habe viele seiner Romane in der Vergangenheit gelesen und meistens haben sie mir sehr gut gefallen,
    Ich mag seinen Erzählstil und auch deren Twists & Wendungen, welche er regelmäßig in seine Stories mit einbindet.

    Zu der Geschichte:
    Es handelt in einer kleinen Ortschaft in Norwegen. Tom ist von einem Moment auf den anderen verschwunden. Sein Freund Richard ist sofort verdächtig. Es scheint egal, was er erzählt, keiner glaubt an seine Unschuld. Da gesellt sich Karen, das schönste Mädchen im Ort, überraschend an seine Seite...

    Nun zu meinem Hörerlebnis seines neuen Romans.
    Dieses Hörbuch ist für mich das Erste von Jo Nesbø gewesen und den Erzähler kannte ich vorab ebenfalls nicht.

    Gleich zu Beginn wird klar, dass das Buch in mehrere Teile unterteilt ist. Dies ist gerade bei einem Hörbuch für mich eine wichtige Info. So kann ich das Gehörte besser einordnen.
    Ich habe bewusst den Erzähler als solchen betitelt. David Nathan liest das Buch nicht. Er gibt jedem Charakter spezifische, sprachliche Erkennungsmodalitäten.
    Das hat mir ausgesprochen gut gefallen. So fallen mir die Verknüpfungen beim Hören leichter und die Story gewinnt an Leben.
    Nun zu der gesamten Story:
    ich finde, dass diese Geschichte sich in ihrer Art von anderen, dieses Schriftstellers absetzen.
    Das Geschehen ist nicht unbedingt dem Krimi oder Thriller Genre zuordnungsbar. Einiges ist eher im Bereich einer "Erzählung "angesiedelt. Ihren Protagonisten und deren Schicksale mangelt weder an Spannung noch Rätseln.
    Zur Unterteilung:
    der erste Teil war für mich eine Zeit des mitgerissenen Zuhörens. Hier wurde echte Spannung aufgebaut & auch gehalten.
    Im 2. & 3. Teil wurde etwas das Tempo gedrosselt & ich fragte mich wiederholt, wie sich diese Story schlussendlich auflösen würde.
    Durch den wirklich guten Sprecher hatte ich kontinuierlich die Motivation, die gesamte Geschichte zuhören.
    Das Finale wurde durch das Zusammenfügen der Erzählstränge beendet.
    Die gelieferten Erklärungen konnten mich jedoch nicht zu 100% überzeugen. In einigen Passagen hätte ich mir mehr Klarheit erhofft.

    Zusammenfassung:

    Manchmal vergesse ich, dass es alles fiktive Stories sind. :)
    Im Moment ist der vorrangige Erzählstil & deren Erklärungen im Thriller - & Krimi-Genre, meist sehr nah an der Realität angelehnt.
    Somit war ich es gewohnt, dass die Grenzen zwischen Realität und Fiktion in den Büchern und ihren Endungen, meist sehr fließend sind.
    In dieser Geschichte ist das nicht so. Hier bleiben einige der finalen Erklärungen dann doch etwas hinter meiner Erwartung, zurück.
    Allerdings ist es ein wirklich gut gesprochenes Hörbuch mit ungewöhnlicher Handlung.
    Und, dass machte dann doch einiges für mich wieder wett.

    Fazit:
    Eine absolut ungewöhnliche Geschichte von Jo Nesbø, die sicher die meisten von uns, so nicht erwartet hätten.
    Somit liegt der Bonus dieses Hörbuchs, in dem Überraschungseffekt und Unvorhersehbarkeit.
    Ich gebe dem Hörbuch gute 3,5 *Lesesterne. Es wird sicher viele Fans im Bereich des fiktiven Spannungs-Genres erreichen und begeistern können.

    Die exzellente Darbietung lässt meine Kritik definitiv milder ausfallen.
    Sicherlich ist es eine gute Idee, an jedes Buch unvoreingenommen heranzugehen.
    In diesem Fall ist es meines Erachtens besonders wichtig.
    Bekannte Schriftsteller, wie Nesbø haben mit jedem Buch größere Hürden zu bezwingen.
    Ihre Leser wollen mehr von dem, was sie kennen und lieben. Der Schriftsteller jedoch muss aber weiterhin überraschen und fesseln. Ein echter Spagat.

    ISDN: B0CJJVFRNZ
    Hördauer: 7 Stunden & 5 Minuten

  1. 4
    27. Okt 2023 

    Der Spiegelwald

    Der Jugendliche Richard ist neu in der Stadt. Es fällt ihm nicht leicht, sich einzufügen. Er hat nur wenige Freunde. Und die sind auch irgendwie Außenseiter. Eines Tages sind Richard und Tom im Wald beim Fluss. Nur Richard kehrt von diesem Ausflug zurück. Der örtliche Polizeichef vermutet, Richard habe Tom von einer Brücke in den Fluss gestoßen. Die Geschichte, die Richard erzählt klingt einfach zu unglaublich. Doch solange Tom nicht gefunden wird, hat die Polizei keine Handhabe. Niemand glaubt Richard, nur seine Mitschülerin Karen reagiert anders. Zwar glaubt sie auch nicht direkt, aber sie hat die Idee, gemeinsam könnten sie versuchen, einen Beweis zu finden.

    Kein Harry Hole, sondern ein Einzelband, von dem man am Anfang der irrigen Meinung sein könnte, es handele sich möglicherweise um ein Jugendbuch. Richard ist ein Außenseiter wie er im Buche steht. Als Neuling ist er sowieso nicht gut angesehen und anstatt seinen Mitschülern freundlich zu begegnen, benimmt er sich mitunter sehr ruppig. Nur mit Tom und Jack ist es anders, aber die sind selbst nicht so wirklich drin in der Gemeinsacht. Mit Karen ist es etwas anderes. Richard weiß nicht wieso Karen nett zu ihm ist, aber froh ist er doch. Vielleicht werden Richard und Karen hinter das Geheimnis des Nachthauses und seiner Bewohner kommen?

    Wenn man die Beschreibung der englischsprachigen Ausgabe liest, weiß man, womit man es zu tun hat. Auf Deutsch wird das nicht so klar. Zugegeben, hätte man es gewußt, hätte man nicht zu dem Hörbuch gegriffen. So kann es durchaus besser sein, zu denken, man habe einen normalen Thriller vor sich. So hat man zum einen die Überraschung, dass die Story irgendwie anderes ist und zum anderen sich auch mal einen anderen Genre zugewendet, was ja etwas Gutes ist. Bekannt ist, dass der Autor zwischen seinen Harry Hole Büchern auch immer mal was Neues anderes präsentiert. Und dies hier ist ein spannender und überraschender Ausflug in eine andere Welt. Ob das Buch Albträume verursachen kann? Hm, man hat vielleicht geträumt, man sei in einem Raum mit allen Lieblingsbüchern in den Regalen und man könne sie nicht öffnen. Auch von so was kann man entsetzt aufwachen. Gefesselt lauscht man bei diesem Hörbuch dem Sprecher David Nathan, der erst mit seiner jugendlichen Intonation irritiert, wenn sich erklärt wieso, aber begeistert. Ein Fan des Genres wird man vielleicht nicht, wenn man es nicht sowieso schon ist und vielleicht hätte man sich ein weniger düsteres Ende gewünscht, aber man ist im Endeffekt froh, dass man nicht wusste, worauf man sich einlässt, denn so konnte man sich einlassen und eine neue Erfahrung machen.

  1. Schwarze Wortmagie

    Nach dem Tod seiner Eltern wird der 13jährige Richard von Frank und Jenny aufgenommen. Sie leben in Ballantyne, einem Ort in der tiefsten Provinz. Richard langweilt sich und eckt überall an. Nur in den Außenseitern Tom und Jack findet er so etwas wie Freunde, doch als Tom auf mysteriöse auf mysteriöse Weise verschwindet, will ihm keiner glauben und als auch Jack kurz danach nicht nach Hause kommt, sehen alle in Richard den Täter.
    Wer sich mit "Nachthaus" einen spannenden Krimi wie die "Harry-Hole"-Reihe des Autors erhofft, dem möchte ich gleich zu Anfang darauf hinweisen, dass dieses Buch etwas ganz anderes ist. Ein atemberaubender Psychothriller mit Horror-Elementen, mysteriös und gruselig, absolut fesselnd geschrieben. Wer sich auf die Story einlässt, für den ist dieser Roman Lesegenuss pur.
    Die Handlung ist in drei Teile gegliedert. Im ersten Abschnitt lernen wir den jugendlichen Richard kennen und werden in einen wahren Alptraum geführt. Der zweite Teil, 15 Jahre später, scheint eine Erklärung für die früheren Geschehnisse bereit zu halten, die im letzten Abschnitt durch eine spektakuläre Kehrtwendung total über den Haufen geworfen wird.
    Erstklassige Unterhaltung, dicht, intensiv und Gänsehaut garantiert.